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Geschichte Chiles

Von Arvid

Würde man in Deutschland einen Schulabgänger fragen, welche Schlagworte er mit der Geschichte Chiles verbindet, würde dieser vielleicht antworten: Inka, Konquistador, Salpeterkrieg, Allende, Pinochet. Die folgende kurze Zusammenfassung ist ein Versuch, diese Begriffe etwas näher zu erläutern.

Von den Anfängen bis zum 19.Jahrhundert

Die ersten Siedler in Südamerika waren Jäger und Sammler, die vor 14.000 Jahren vom Norden her den südlichen Halbkontinent Amerikas besiedelten. Sie waren Nomaden, die in den Tälern der Anden günstige Bedingungen vorfanden. Im Laufe der Jahrtausende bildeten sich Dutzende Volksstämme heraus, von denen die Atacameños, die Mapuche und die Conos nur die bekanntesten sind. Sie unterhielten friedliche Handelsbeziehungen zu den Stämmen im heutigen Bolivien, Peru und Argentinien. Zwei unabhängig voneinander verlaufende historische Ereignisse sollten Ende des 15. Jahrhunderts deren Leben von Grund auf verändern. Zum einen waren es die militärischen Machtbestrebungen der Inkas, die in dieser Zeit ihr Reich bis Mittelchile ausdehnten und die dort lebenden Völker unterwarfen, zum anderen waren es die Entdeckungsfahrten des Christoph Columbus, durch die den Europäern die Existenz dieser „Neuen Welt“ bekannt gemacht wurde und als dessen Folge ein bis dahin nie dagewesener, beispielloser Völkermord durch die Konquistadoren eingeleitet wurde, dem nach heutigen Schätzungen ungefähr 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen.

Zum besseren Verständnis hier noch ein paar Anmerkungen zu den Konquistadoren: Nicht Soldaten der spanischen Armee waren es, die im 16. Jahrhundert in der Hoffnung auf schnellen Reichtum über den Kontinent herfielen und dabei mit äußerster Brutalität gegen die einheimische, indianische Bevölkerung vorgingen, sondern sondern spanische, portugiesische, später auch englische und französische Abenteurer und Glücksritter, denen es irgendwie gelungen war, die notwendigen finanziellen Mittel für ihre Unternehmungen aufzutreiben. Die Neue Welt hatte Papst Alexander VI. bereits 1494 den beiden Seemächten Spanien und Portugal „geschenkt“. König Ferdinand II. von Aragonien verfasste 1513 einen Text, das Requerimiento, der so gut wie alles Morden und alle Schreckenstaten der Konquistadoren unter Berufung auf die spanische Krone und die katholische Kirche rechtfertigte. Die Konquistadoren erhielten eine Art Lizenz für ein bestimmtes Gebiet, dessen Größe oft unterschätzt wurde, und sollten dort Siedlungen errichten und die indianische Bevölkerung christianisieren. Ihre Gier nach Reichtum führte jedoch dazu, dass sie die Völker unterwarfen und die Reiche der Mayas, Atzeken und Inkas zerstörten. Mit der Gründung von Vizekönigreichen in Südamerika ab 1600 ging die Zeit der Konquistadoren zu Ende.

Nachdem Francisco Pizarro 1533 die Inkas endgültig besiegt hatte, drang Pedro de Valdivia 1540 mit etwa einer Hundertschaft von Soldaten von Peru aus nach Chile ein. Gegen den Widerstand der Araukaner wurde die Stadt Santiago gegründet. Es folgten die Gründungen weiterer Städte wie La Serena, Concepcion, Villarica und Valdivia. Bis ins 19. Jahrhundert und teilweise sogar bis in die heutige Zeit wehrten sich die Indianer gegen die Landnahme der Europäer und leisteten erbitterten Widerstand. Bis 1778 gehörte Chile zum Vizekönigreich Peru. Dann änderte die spanische Krone die Stellung der chilenischen Provinzen. Chile erhielt den Status eines eigenständigen spanischen Generalkapitanats.Ein neues Kapitel in der chilenischen Geschichte begann.

19. und 20. Jahrhundert

Als 1808 Napoleon Bonaparte Spanien eroberte und dort seinen Bruder als König einsetzte, leisteten in Chile viele Königstreue Widerstand.. Eine Verfassung, die die weitgehende Unabhängigkeit Chiles von Spanien vorsah, wurde erarbeitet. Es kam zur Auseinandersetzung mit der spanischen Armee, die zunächst auch die Oberhand in einem Großteil des chilenischen Gebietes gewinnen konnte. Die Führer der chilenischen Unabhängigkeitsbewegung, unter ihnen Bernardo O`Higgins, mussten nach Argentinien flüchten. Dort stellten sie mit Hilfe des Argentiniers Jose de San Martin ein Heer auf, welches in der berühmten Schlacht von Chacabuco am 12. Februar 1817 die Spanier besiegte. Der 12. Februar gilt auch heute noch als Feiertag in Chile. Bernardo O´Higgins wurde 1820 erster Staatspräsident des Landes. Das beginnende industrielle Zeitalter bescherte Chile einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Kupfer und Salpeter waren die tragenden Säulen der Industrie. Ein jahrelang schwelender Streit mit Bolivien und Peru im Norden des heutigen Staatsgebietes um die Gebiete der Kupfer- und Salpetervorkommen in der Atacamawüste kulminierte 1878 im sogenannten Pazifik- oder besser bekannt unter der Bezeichnung Salpeterkrieg, den Chile 1883 für sich entscheiden konnte.

Parallel dazu kam es im Süden des Landes immer wieder zu Konfrontationen mit den dort lebenden Indianern. Im Jahre 1883, dreißig Jahre nachdem die ersten deutschen Siedler ins Land gekommen waren und dort ihre Städte errichtet hatten, wurde der letzte große Aufstand der Mapuche-Indianer niedergeschlagen. Der bis dahin existierende Mapuche-Staat wurde Chile eingegliedert.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte, wie in vielen Teilen der Welt, die industrielle Ausbeutung besonders im Norden Chiles zur Bildung einer sich mehr und mehr organisierenden Arbeiterbewegung, die auch mit dem Mittel des Streiks für bessere Arbeitsbedingungen kämpfte. Einen unrühmlichen Höhepunkt erreichten diese Kämpfe 1907, als in Santa Maria de Iquique das Militär mit aller Härte gegen streikende Arbeiter vorging. 18.000 Menschen hatten sich am 21. Dezember 1907 in Iquique versammelt, um vor den Verwaltungsgebäuden der großen Minengesellschaften unter anderem auch dagegen zu protestieren, dass sie für ihre Arbeit kein Geld erhielten, sondern Zahlmarken (Fichas), die sie nur in den diesen Gesellschaften gehörenden, überteuerten Läden einlösen konnten. Mehrere tausend Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, hatten sich in der Schule zu einer Protestkundgebung anlässlich des Begräbnisses von sechs am Vortag erschossenen Arbeitern eingefunden, als das Militär dort ein Blutbad anrichtete, dem über 3000 Menschen zum Opfer fielen.

Mit der Entdeckung eines Verfahrens zur synthetischen Herstellung von Ammoniak, der Haber-Bosch-Synthese; am Beginn des 20 Jahrhunderts verlor der Salpeterabbau in Chile fast schlagartig an Bedeutung und Chile damit eine seiner Haupteinnahmequellen. Sprengstoffe oder auch Düngemittel konnten jetzt viel billiger industriell hergestellt werden.

Im Ersten und auch im Zweiten Weltkrieg bis 1944 verhielt sich Chile neutral. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Zeit des Kalten Krieges verstärkte sich der Einfluss der USA auf Chile immer mehr. Ein Großteil der chilenischen Kupferminen war in US-amerikanischen Besitz. Die regierenden Konservativen verboten die kommunistische Partei Chiles. So musste auch einer ihrer bedeutendsten Vertreter, der Dichter Pablo Neruda, ins Exil gehen. Als 1959 dann noch in Kuba Fidel Castro an die Macht kam, sahen sich die USA veranlasst, Gleiches in einem anderen lateinamerikanischen Land zu verhindern und suchten zusehends, ihre politische Einflussnahme über ihre Geheimdienste zu verstärken. 1964 gewann der Christdemokrat Eduardo Frei mit Hilfe der USA die Wahl zum Präsidenten. Die Kluft zwischen Arm und Reich in Chile war jedoch inzwischen so groß geworden, dass alle seine Bemühungen um Reformen scheiterten. Als 1970 der Marxist und Führer der ein Jahr zuvor gegründeten Unidad Popular, Salvador Allende, zum Präsidenten gewählt wurde, antworteten die USA mit einem rigorosen Wirtschaftsboykott, welches das ganze Land an den wirtschaftlichen Abgrund drängte. Der Putsch des Oberkommandierenden der Streitkräfte, General Augusto Pinochet, am 11.September 1973 beendete die Regierungszeit der Unidad Popular und auch das Leben des Präsidenten. Was dann folgte, ist ja hinlänglich bekannt: Eine jahrelange Verfolgung, Folterung und Ermordung tausender Regimegegner. Innerhalb kürzester Zeit wurden im Stadion von Santiago de Chile tausende Menschen, unter ihnen auch der bekannte Volkssänger Victor Jara, zusammengetrieben, viele von ihnen auf bestialische Weise ermordet. In den USA, aber auch in Europa, jedoch war man mit dem Ergebnis zufrieden. Der Wirtschaftsboykott wurde aufgehoben und die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte am 29.9.1973 eine Anzeige: „CHILE - Jetzt investieren“.

General Pinochets Amtszeit endete 1989. Er starb am 10. Dezember 2006 in Santiago de Chile. Die historische Aufarbeitung hat erst begonnen.. Es wird noch lange dauern, bis man in Chile darüber emotionslos diskutieren kann.

Geschrieben 11.10.2008, Geändert 12.10.2008, 1176 x gelesen.

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