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Zypern als goldgrünes Blatt

Von awo

Zwischen 1963 und 1965 entstand das Lied "Goldgrünes Blatt" (Chrysoprasino fyllo). Die Musik dazu schrieb kein geringerer als Mikis Theodorakis, den Text Leonidas Malenis. Zypern, das sich seit 1878 unter britischer Herrschaft befunden hatte, war 1960 unabhängig geworden. Die neu entstandene Republik Zypern umfasste die gesamte Insel, jedoch begann bereits im Dezember 1963 der Bürgerkrieg zwischen Zyperngriechen und Zyperntürken.

Das griechische Lied "Goldgrünes Blatt" wurde so etwas wie eine inoffizielle Hymne der Insel, jedenfalls der Inselgriechen. Zypern, nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte Insel des Mittelmeers, hat Umrisse, die an ein Blatt erinnern, deshalb der Refrain "goldgrünes Blatt, mitten ins Meer geworfen". Der Refrain macht nur Sinn, wenn man die Insel als Ganzes betrachtet. Tatsächlich ist sie seit 1974 geteilt. Die abgespaltene "Türkische Republik Nordzypern" ist bis heute völkerrechtlich nicht anerkannt.

In der ersten Strophe werden typische Bäume der Insel genannt, so heißt es "Land des Zitronen- und Olivenbaums" und "Land der Pinie und der Zypresse". Zugleich werden herausstechende Eigenschaften der Inselbewohner benannt: "Land der Umarmung und der Freude" und auch "der ganzen Kerle und der Liebe". Es ist zu vermuten, dass Besucher aus Griechenland die Inselbewohner so wahrnehmen. Für den internationalen Touristen hingegen gibt es dafür nicht nur eine Sprachbarriere, sondern auch eine zu geringe landeskundliche Kenntnis. Dass die Inselbewohner aber freundlich sind, kann er bezeugen.

Ein "goldgrünes Blatt" soll in der Natur auf der Insel tatsächlich vorkommen. Es wächst an einer Art der Eiche, die nur in Zypern anzutreffen ist. Eine Seite des Blattes ist golden, die andere ist grün. Der Refrain, und nicht nur die erste Strophe, spielen somit auf Bäume an. Ein "goldgrünes Blatt im Meer" allein würde haltlos zwischen den Wellen hin- und hergetrieben und schließlich sogar untergehen. Das kann nicht der Sinn des Liedes sein. Insofern ist es folgerichtig, dass hier Bäume ins Spiel kommen. Sie wurzeln tief im Boden und, im übertragenen Sinne, in jahrtausendealter Geschichte.

In der zweiten Strophe werden dann die Unbilden des Wetters und der Politik angesprochen. Das Wetter wird mit den Worten "Land der knochentrockenen Wiese", "Land des Schirokko", "des rauen Wetters und der Vulkane" angesprochen. Der Schirokko ist ein Wind, der von der Arabischen Halbinsel oder aus Libyen den Wüstensand herüberweht. Dann besteht eine nur geringe Sicht, das Meer ist aufgewühlt und feiner Sand lagert sich ab. Es kann somit Wetterlagen geben, vor allem im Winterhalbjahr, die rauer sind als wir uns gemeinhin für diese Breiten vorstellen. Der Hinweis auf die Trockenheit ist ebenfalls nachvollziehbar, obwohl die Wiesen im März auch saftig grün sein können.

Rätselhaft ist hingegen, welche Vulkane gemeint sein können. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Metapher für die politische Lage in der Zeit, in der das Lied entstand, denn Zypern ist ansonsten nicht für Vulkane bekannt. Die folgenden Formulierungen, ebenfalls aus der zweiten Strophe, die da lauten "Land der verbitterten Gottesmütter und des ungerechten Verlustes", zielen ganz gewiss auf die Politik. Das griechische Wort Panajia kann übersetzt werden mit Muttergottes, Gottesmutter oder Jungfrau Maria und läßt normalerweise an eine Darstellung auf einer Ikone denken, aber es werden auch alte, in schwarz gekleidete Frauen so bezeichnet. Sie haben im Bürgerkrieg Männer und Söhne, vielleicht auch andere Angehörige verloren. Dieses Trauma wirkt in Zypern bis heute nach, so habe ich 2006 in Nikosia einen "Wunschbaum" mit Bildern vermißter Angehöriger aufgenommen.

Die dritte und abschließende Strophe wendet sich dann wieder dem Positiven zu. Sie lautet:

"Land der Mädchen, die lachen
Land der Burschen, die sich besaufen
Land der Myrrte und der Begrüßung
Zypern der Liebe und des Traumes"

Das Lied "Goldgrünes Blatt" (Chrysoprasino fyllo) kann auf Youtube angeklickt und gehört werden, u.a. die beiden folgenden Adressen:
www.youtube.com/watch?v=YnDvx7lpDJo&feat ure=related
www.youtube.com/watch?v=59tltlMy_SY&feat ure=related

Geschrieben 22.08.2010, Geändert 22.08.2010, 1315 x gelesen.

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