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Mein Freund - der Kettenhund

Von trampabout

Wenn jemand von Mavrovouni spricht, dann schwärmt er zuerst einmal von einer hübschen Bade- und Surfbucht. Ich denke dabei in erster Linie an "meinen" kleinen, jungen und recht eingefallenen Pflegehund. Nur ein paar Meter hinter unserem, hinter Bananenstauden versteckten, Bungalow hat er sein Revier - angehängt mit nicht ganz zwei Meter Kette an einen Olivenbaum. Er hat den Job, das Hühnergehege unseres Vermieters Tag und Nacht zu bewachen. Sein Platz ist ein kreisrunder Fleck purer Erde mit einer ausgegrabenen Liegesenke, dekoriert mit einem schmutzigen und gesprungenen Wassereimer aus Plastik.Immer, wenn sich etwas Ungewöhnliches tut, springt der Aufpasser in die Kette und bellt.

Das ist sein besch.... Leben. Silvia und ich haben diskutiert, ob und wie wir dieses Dasein irgendwie ändern könnten. Ob wir Bello - so nannte ich ihn - freikaufen könnten, ihm eine längere Kette beschaffen sollten oder ob wir wenigstens mit ihm Spazieren gehen dürften, damit vielleicht die Tochter des Hauses "auf den Geschmack" kommt und ihn auch einmal ausführt. Wir haben alle geplanten Aktionen wieder verwerfen müssen, denn das Herrl von Bello verstand nicht oder wollte uns nicht verstehen. Wir trösteten uns mit der Tatsache, dass er als quasi "Haustier" wenigstens nicht permanent ums Überleben kämpfen muss. Wie gut geht es doch unserem Filos daheim in Wiener Neustadt? Er ist bestimmt nicht eifersüchtig, wenn ich mich ein paar Tage um Bello kümmere. So habe ich ihn oft besucht, mit ihm ein bisserl Deutsch geschwätzt, ihn gestreichelt und schnell seine Sympathie gewonnen. Dass wichtigste für ihn, er bekam zehn Tage lang eine Spezial-Luxus-Zusatz-Verpflegung mit unseren Speiseresten, mit Dosenfutter (bekommt man in großer Auswahl in jedem Supermarkt) und sauberem Frischwasser. Er hatte immer einen Heißhunger und der Teller war schon leer, bevor er den Boden berührte. Erst am letzten Tag habe ich bemerkt, dass mein Freund von seinem Herrn etwas Essbares bekommen hat - einen Teller aschgraues Trockenfutter. Hätte ich auch nur im äußersten Notfall gefressen! Im übrigen bilde ich mir ein, dass mein Hund bei der Abreise schon weitaus besser genährt ausgeschaut hat.

Ich weiß, dass alles, was ich gemacht habe, nicht richtig ist! Aber was soll’s? Bello hat ein paar ungewöhnliche Tage gehabt und mir gezeigt, dass er mich mochte. Silvia wollte ihn - in seinem Leid als Kettenhund - gar nicht so nah kennenlernen. Sonst hätten wir sicher einen zweiten Gefährten und an der Kette würde jetzt ein anderer Hund hängen.

Ja, wir wissen es!

Bevor wir jetzt wieder diesbezügliche Mails bekommen: Ja, wir wissen, dass es auf dieser Welt unsägliches Leid von Menschen gibt; ja, wir wissen, dass die Griechen ihre alten, pflegebedürftigen Angehörigen seltener in irgendwelche Institutionen "abschieben", etc., etc.
Aber: Warum immer diese Vergleiche? Muss Leid zuerst bewertet und erst dann darüber diskutiert werden? Darf ich einem Tier erst helfen, wenn keinem Menschen mehr geholfen werden kann? Darf ich mir erst dann über Missstände in einem anderen Land Gedanken machen, wenn es in meinem keine mehr gibt?

Geschrieben 12.10.2002, Geändert 12.10.2002, 1144 x gelesen.

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